Tibet-Encyclopaedia

 

Abbildung 1: Garbong-Kharku vom linken Ufer des Shayok (der Fluss ist im Vordergrund zu sehen) aus photographiert. Der rote Pfeil zeigt die Lage der zerstörten schwarzen Herrscherfestung (Mai 2012)

Kharku (Baltistan)

Kharku (auch Kharko, Korku, Kerku, Karku, Kharkoo geschrieben) ist eine Ortschaft im heutigen Gangche-Distrikt in Baltistan. Der Ort liegt am rechten Ufer des Shayok zwischen Daghoni und Saling und somit an dem alten Verbindungsweg zwischen Khaplu und den anderen Regionen Baltistans. Kharku gehörte vor 1840 zum Königreich Khaplu, war aber auch für eine kurze Zeitdauer in der 2. Hälfte des 17. Jahrhunderts dem König von Kiris unterstellt. Historisch bedeutsam ist Kharku wegen seiner gewaltigen Festung, die ein wichtiges Bollwerk des Königreichs Khaplu nach Westen darstellte und die in der 2. Hälfte des 17. Jahrhunderts heftig umkämpft war. Diese Bergfestung, die heute noch Nagpo Choi Khar „Die schwarze Herrscherfestung“ genannt wird, wurde im letzten Viertel des 17. Jahrhunderts auf Befehl von Imam Quli Khan von Shigar zerstört. Das wichtigste religiöse Bauwerk ist die große alte Khanqa-Gebetshalle von Garbong-Kharku, die – obwohl ansonsten nirgends erwähnt – zweifellos zu den bedeutendsten gut erhaltenen Baudenkmälern Baltistans gehört. Die Häuser des alten Dorfkerns von Garbong-Kharku waren wie in Kuru,Talis und Yugo so eng aneinandergebaut, dass die Hauseingänge nur über quasi unterirdische Gänge erreichbar waren. Diese alte Dorfstruktur ist noch gut erkennbar. Heute subsumiert man unter der Bezeichnung Kharku drei Orte, von denen der westlichste direkt an Daghoni angrenzt.

   

Abbildung 2: Lage von Kharku (hier als Kerku aufgeführt) nordwestlich von Khaplu (Khoppalu) nach der Landkarte, die nach den Angaben von Thomas Godfrey Vigne 1842 von John Walter erstellt wurde

 

 Abbildung 3: Kharku (Korku) in der Karte "India and Pakistan" (Jammu and Kashmir) Ni-43-03. 1:250.000. Mundik

Inhaltsverzeichnis

1. Vorbemerkung
2. Garbong-Kharku
3. Malayar und Mendigh (~ Mundik) sowie Goma Chazoon (~Gongma Tranzong bzw. Gomo Tranzo)
4. Literatur

1. Vorbemerkung

Kharku taucht unter der Bezeichnung Kerku erstmalig in der nach den Angaben von Thomas Godfrey Vigne 1842 von John Walter erstellten Kaschmir-Karte auf (siehe Abbildung 2). Die damit gegebene Information war aber auch alles, was die Welt für die nächsten 100 Jahre über diesen geschichtsträchtigen Ort erfuhr. Obwohl dieser Ort auf dem Weg von Khaplu nach dem Westen Baltistans von allen Reisenden durchquert werden musste, wurde er außer von Knight (S. 260), der auf einem Zak an ihm vorbeischipperte, von niemandem erwähnt. In der Landkartenserie "India und Pakistan (Jammu and Kashmir) 1:250.000" vom Army Map Service (LU), Corps of Engineers, U.S. Army, Washington 1953 Mundik (NI 43-3) wird Kharku als Korku nur unter dem Eintrag Daghoni in Klammern aufgeführt (Abbildung 3). Diese Karte verzeichnet in dem Bereich östlich von Daghoni, den wir heute Kharku zuordnen, die Orte Mundik, Gomo Tranzo, Chibo und Youskil. Nach Afridi (S. 275) umfasste der Kreis (Patwar) Kharko (= Kharku) die Orte Kharko, Sogo und Siling (= Saling). Als ich im Mai 2012 nach Kharku reiste, erreichte ich unmittelbar nach Daghoni als erstes ein Dorf, das nach den Angaben meiner Informanten aus den Ortsteilen Malayar und Mendigh (~ Mundik) bestand und welches zu Kharku gehörte. Die nächste Siedlung wurde als Goma Chazoon (~Gongma Tranzong bzw. Gomo Tranzo) bezeichnet und ebenfalls Kharku zugeordnet. Der darauf folgende Ort, Garbong, ist der Standort der Bergfestung und der alten Khanqa-Gebetshalle. Nach der Volkszählung von 1951 lebten in Kharku 2240 Einwohner. 1961 wurden 2423 Personen gezählt. Ich gehe davon aus, dass diese Zahlen nicht nur die Einwohnerzahl des Ortsteils Garbong wiedergeben, sondern die Gesamtzahl der Bewohner der Dörfer zwischen Daghoni und Saling angeben. Wie überall in Baltistan dürfte heute die Zahl der Bewohner dieser Dörfer wesentlich größer sein. Die zahlreichen Informationen, die uns heute über die Geschichte der Bergfestung von Kharku vorliegen, verdanken wir der persischen Verschronik Shigar Nāma und damit der Übersetzung dieses Werkes durch den persischen Gelehrten Koshrow Behrouz.

Abbildung 4: Blick von der Bergfestung von Kharku auf das am rechten Ufer des Shayok gelegene Garbong (Mai 2012)

2. Garbong-Kharku

Der Ortsteil Garbong von Kharku (Abbildungen 3 – 4) war der Standort einer einstmals mächtigen Bergfestung, die bis zu ihrer Zerstörung im letzten Viertel des 17. Jahrhunderts ein Bollwerk des Königreiches Khaplu nach Westen darstellte. Da sie in den Berichten über die Kriege des 18. Jahrhunderts nicht mehr auftaucht, ist davon auszugehen, daß sie nach ihrer Zerstörung durch Imam Quli Khan nicht mehr aufgebaut worden ist und somit die Burg von Saling ihre Funktion als Verteidigungsbollwerk übernahm.

Garbong ist wie alle Dörfer in Baltistan eine Oase, die von einem Bergbach (Nullah) bewässert wird, der von Norden kommend in den Shayok mündet. Vor einigen Jahren hat eine durch das Anschwellen dieses Baches verursachte Überschwemmung, die vermutlich durch einen Gletscherausbruch verursacht wurde, Teile der Ortschaft zerstört. Von der Zerstörung waren hauptsächlich Gebäude betroffen, die außerhalb des alten Ortskerns errichtet worden sind. Aber auch einzelne Gebäude am Rande des Ortskerns wurden teilweise zerstört (siehe Abb. 5). Inzwischen wurden durch ein Wiederaufbauprogramm für die obdachlosen Überlebenden der Flut, deren Wohnhäuser zerstört worden sind, einfache neue Unterkünfte errichtet (Abb. 6).

 Abbildung 5: Von der Flut teilweise zerstörte Gebäude des alten Ortskerns von Garbong-Kharku (Mai 2012)

Abbildung 6: Felder von Garbong-Kharku mit den an den blauen Dächern erkennbaren neu erbauten Unterkünften für die Flutopfer (Mai 20129)

Der alte Ortsteil von Garbong (Abbildung 6a) besteht wie in Kuru, Talis und Yugo aus einem Konglomerat eng aneinandergebauter Gebäude, deren Eingänge nur durch überbaute und somit unterirdische Gänge erreichbar waren (Abbildung 7). Am nördlichen Ende dieses Ortskerns befand sich eine alte Moschee, die man nun komplett abgerissen und durch einen Neubau ersetzt hat (Abbildungen 8 und 9). Die Integrierung in den Baubestand des alten Dorfes wurde aber teilweise beibehalten, so dass man den ehemaligen Eingang zur Moschee, bei dessen Errichtung man die alte Eingangstür wiederverwendet hat, auch heute noch über überbaute Gänge erreicht (Abb. 10). Beim Innenausbau hat man offenbar auch den alten Holzrahmen der Gebetsnische (Mihrab) wiederverwendet (Abbildungen 11 und 12).

Abbildung 6a: Der Ortskern von Garbong-Kharku mit den überbauten Zugängen zu den Häusern. Unten links die große Khanqa-Gebetshalle. Bildmitte rechts die neue Moschee (Mai 2012)

Abbildung 7: Im Labyrinth der überbauten Zugänge zu den Häusern des Ortskerns von Garbong-Kharku (Mai 2012)

Abb. 8: Kompletter Ersatzneubau für die alte Moschee von Garbong-Kharku (Mai 2012)

Abb. 9: Innenraum der neuen Moschee von Garbong-Kharku. Photo: Muhammad Kamal (Mai 2012)

   

Abb. 10: Alte Eingangstür zur Moschee in den unterirdischen Gängen von Garbong-Kharku (Mai 2012)

 

Abb. 11: Die Gebetsnische in der neuen Moschee von Garbong-Kharku. Photo: Muhammad Kamal (Mai 2012

Abb.12: Der kunstvoll geschnitzte Rahmen der Gebetsnische in der neuen Moschee von Garbong-Kharku. Photo: Muhammad Kamal (Mai 2012)

Vergleicht man diesen Neubau einer Moschee mit der archiktektonisch überaus beeindruckenden großen Khanqa-Gebetshalle von Garbong-Kharku, so wird deutlich, dass die Gelder, die aus den Golfstaaten nach Baltistan fließen, einen gewaltigen Kulturverlust zur Folge haben. Die Khanqa von Garbong-Kharku (Abb. 13) weist eine komplett umlaufende Veranda auf, die durch ein kunstvoll gestaltetes Portal betreten wird (Abb 14). Sie besitzt ein Flachdach, das im Inneren von neun Säulen getragen wird. Meditationsräume auf der Nord- oder Südseite der Halle fehlen. Die Ornamentik der Deckengestaltung verdient eine besondere Beachtung. Es bleibt zu hoffen, dass offenkundig erforderliche Restaurierungs- und Ausbesserungsarbeiten nicht zur einer Zerstörung dieses formschönen Hallenbaus führen.

Abb. 13: Die Westseite der großen Khanqa-Gebetshalle von Garbong-Kharku (Mai 2012)

Abb. 14: Die Süd- und Ostseite der großen Khanqa-Gebetshalle von Garbong-Kharku (Mai 2012)

Abb. 15: Eingangsportal der Khanqa von Garbong-Kharku (Mai 2012)

Abb. 16: Innenraum der Khanqa von Garbong-Kharku. Photo: Muhammad Kamal (Mai 2012)

Die nördlich von Garbong-Kharku sich über einen steilen Berghang erstreckende Festung Nagpo Choi Khar (siehe die Abbildungen 1 und 4)  wurde von mir persönlich in Augenschein genommen (Abbildung 18). Die Reste dieser Burg finden sich bei einer Breite von ca. 80 – 100 m auf einem steilen Abhang (siehe Abbildung 17). Die Höhendifferenz zwischen den unteren Gebäuden und dem oberen Teil der Burg dürfte wenigstens 300 m betragen haben. Die Festung hatte somit riesige Ausmaße. Möglicherweise war dies der Grund dafür, dass sie im Laufe der Geschichte mehrmals erobert wurde, benötigt man doch zur effektiven Verteidigung einer solchermaßen gewaltigen Anlage eine sehr große Besatzung. Andererseits war diese Burg vom Tal aus wesentlich leichter zu erreichen als z. B. die Bergfestungen Thortsi Khar in Khaplu, Khar e Dong in Shigar oder die Burg von Kharmang.

Abbildung 17: Lage der Bergfestung Nagpo Choi Khar von Kharku (Mai 2012)

  Abbildung 18: Der Autor Dieter Schuh in den Trümmern der zerstörten Bergfestung von Kharku. Photo: Siegfried Rademacher (Mai 2012)

Die Festung von Kharku wird in der Verschronik Shigar Nāma zum ersten Mal erwähnt im Zusammenhang mit dem Eroberungsfeldzug, den Murad Khan zusammen mit Imam Quli Khan, dem König von Shigar, in den 50er Jahren des 17. Jahrhunderts gegen das Königreich Khaplu führte. Murad Khan war ein Enkel des berühmten Ali Sher Khan und regierte seit 1750 als Statthalter seines Onkels Adam Khan in Skardu. Nachdem Murad Khan das Königreich Kartaksho erobert hatte, rückten die vereinigten Truppen von Skardu und Shigar auf dem traditionellen Reiseweg entlang der rechten Seite des Shayok gegen Khaplu vor. Ein erster Widerstand ergab sich in Kharku. Die Festung von Kharku wurde nach einiger Zeit der Belagerung erobert und die dort gelagerten Vorräte konfisziert. Nach der Eroberung von Khaplu setzte Murad Khan dort seine Neffen Yakub und Babur als Herrscher ein, so dass Kharku beim Königreich Khaplu verblieb.

Nach dem Tod Murad Khans in der zweiten Hälfte der 60er Jahre des 17. Jahrhunderts riss dessen Bruder Sher Khan die Macht in Skardu an sich und entfachte zwei Kriege gegen Shigar und dessen Herrscher Imam Quli Khan. Sher Khan wurde dabei von Babur aus Khaplu unterstützt, der nach der Vertreibung seines Bruders Yakub als Alleinherrscher in Khaplu regierte. Nachdem Sher Khans Angriff auf Shigar zurückgeschlagen worden war, rückten die Truppen Imam Quli Khans gegen Khaplu vor. Bei diesem Vormarsch war die Festung von Kharku ein natürliches Hindernis. Während zwei Armeen unter Haidar Khan und Amir Khan an Kharku vorbei direkt in die Oase Khaplu einmarschierten und die dortige Festung Thortsi Khar belagerten, erhielt der Truppenführer Shaki von Imam Quli Khan den Befehl, parallel dazu mit seinen Truppen Kharku zu erobern. Shaki nahm nach heftigen Kämpfen mit den Verteidigern der Burg Kharku diese schließlich ein.

Nach längerer Belagerung von Thortsi Khar gab Babur schließlich auf und schloss sich Imam Quli Khan an, der anschließend diesen ersten Krieg gegen Sher Khan erfolgreich beendete. Im Rahmen der folgenden Neuordnung der Königreiche von Baltistan ordnete Imam Quli Khan an, dass die Festung von Kharku dem Königreich Kiris zugeordnet wurde. Wir können davon ausgehen, dass damit auch das Thalle Tal und die Orte Balghar und Daghoni Amir Khan, dem Herrscher von Kiris, unterstellt wurden.

Im Jahre 1674 kam es zu einer Neuordnung der politischen Verhältnisse im östlichen Baltistan. Der Hintergrund waren Bestrebungen des ladakhischen Herrscherhauses, die Einflusssphäre Ladakhs nach Westen zu erweitern. 1673 griff der ladakhische Feldherr Shakya Gyatsho (Shākya rgya-mtsho) mit seinen Soldaten Unterladakh und Purik an. 1674 fielen seine Truppen in Baltistan ein und eroberten Khaplu mit der Festung Thortsi Khar sowie das südöstlich von Khaplu gelegene Chorbat. Die ladakhischen Truppen setzten in dem das Hushe- und Saltoro-Tal umfassenden Teil des Königreichs Khaplu Hatam Khan, den Sohn des von Murad Khan und Sher Khan ermordeten Yabgo-Herrschers Rahim Khan, ein. Khaplu selbst mit der Festung Thortsi Khar verblieb bei Yakub. In Khaplu wurden ladakhische Truppen stationiert. An der Zugehörigkeit von Kharku zum Königreich Kiris änderte sich dadurch nichts. 1678/79 marschierte der Gouverneur von Kaschmir Ibrahim Khan in Purik ein, um die ladakhischen Besatzungstruppen zu vertreiben, wobei er von Sher Khan unterstützt wurde. Parallel dazu revoltierte Yakub in Khaplu erfolgreich gegen die ladakhische Besatzung.

Im gleichen Zeitraum riss Sher Khan ein zweites Mal die Herrschaft in Skardu an sich und begann den zweiten großen Krieg gegen Imam Quli Khan. Dabei wechselte der in Khaplu regierende Yakub erneut die Seiten und schloss sich Sher Khan an. Des Weiteren gelang es ihm, den im Hushe- und Saltoro-Tal residierenden Hatam Khan zu überreden, ebenfalls eine Allianz mit Sher Khan einzugehen.

Zu Beginn dieses Krieges gegen Sher Khan verließ Amir Khan, der Herrscher von Kiris, mit seinen Kriegern die Burg von Kharku, um in diesem Krieg Imam Quli Khan zu unterstützen. In Kharku verblieben nur einige seiner Vertrauensleute. Wenig später rückten Hatam Khan und Yakub in einer ersten Kriegshandlung gemeinsam gegen Kharku vor und eroberten die dortige Bergfestung nach zweitägiger Belagerung, wobei sie alle Verteidiger töteten. Als Imam Quli Khan diese Nachricht erreichte, kündigte er wutentbrannt an, er werde zunächst Skardu erobern und anschließend Yakub und Hatam Khan vom Erdboden vertilgen.

In der Folgezeit kam es zu einer Rückeroberung von Kharku. Eine Truppe von 1000 Infanteristen, vierzig Reitern und vierzig Musketieren wurde gegen Yakub und Hatam Khan entsandt. Nach dem Sieg über die Feinde begaben sich die Angreifer nach Kharku, dass somit wieder Amir Khan unterstellt wurde. Es wird berichtet, dass Amir Khan in der Festung Kharku verstarb. Wenig später hielten sich Babur und der Truppenführer Ali Khan dort auf. Kurz nach seinem Eintreffen erkrankte Ali Khan und starb. Vier Monate später ereilte Babur in Kharku das gleiche Schicksal. Der über den Tod der beiden entsetzte Imam Quli Khan befahl, die Festung Kharku, in der beide verstorben waren, in Brand zu setzen. Im Versepos Shigar Nāma wurden diese Ereignisse wie folgt beschrieben (Behrouz, S. 166f):

„Der mutige und dankbare Ali Khan erkrankte nach einiger Zeit und schied aus der grausamen Welt, statt des Thrones wurden ihm Tod und Sarg zuteil. Vier Monate später wurde der dem Sorush ähnliche Babur krank und verlor das Bewusstsein. Plötzlich umarmte ihn der Tod, und seine Seele verließ den Leib. Er zog dieser gemeinsamen Welt die künftige Welt vor und lief leichtfüßig zum Paradies. … Als der König von Shigar diese Nachricht hörte, vergaß er alle Vergnügungen dieser Welt. Er vergoss blutige Tränen, weil Babur vom Firmament herabgefallen war. Er befahl, die Burg zu zerstören und in Brand zu setzen, so dass die brennende Festung wie ein Rosengarten aussehe. Denn sie war keine Burg, sondern ein menschenfressender Drache, und es ziemt sich, solch eine Burg in Brand zu stecken.“

Die Burg von Kharku wurde nach ihrer Zerstörung durch Imam Quli Khan nicht wieder aufgebaut. In den Berichten über die Kriege zwischen Skardu und Khaplu des 18. und 19. Jahrhunderts wird sie nicht mehr erwähnt. Dafür rückte nun die Bergfestung von Saling in den Vordergrund. Es ist des Weiteren davon auszugegehen, dass die Region um Kharku und das anschließende Thalle-Tal gegen Ende des 17. Jahrhunderts politisch wieder in das Königreich Khaplu eingeordnet wurde. 

3. Malayar und Mendigh (~ Mundik) sowie Goma Chazoon (~Gongma Tranzong bzw. Gomo Tranzo)

Die Ortsteile Malayar und Mendigh erreicht man nach kurzer Fahrt von Daghoni auf einer nicht asphaltierten aber doch gut befahrbaren Straße, die auf Internet-Karten auch als Kharkoo-Road bezeichnet wird und in Saling endet. Die Straße führt durch idyllische Gärten und Felder, also ein Gebiet, das vorwiegend landwirtschaftlich geprägt ist (Abb. 18). Die Wasserversorgung erfolgt bei allen diesen Orten über Bergbäche (Abbildungen 19 und 20). Besuche von Touristen sind offenbar eine extreme Seltenheit. Jedenfalls sorgte unser Besuch – wie übrigens an vielen Orten in Baltistan außerhalb von Skardu, Khaplu und Shigar - zu großen Menschenaufläufen (Abbildungen 21 und 22). Von besonderem Interesse ist die völlig neu errichtete Khanqa-Gebetshalle in Malayar-Mendigh, da bei diesem Bau wie in Tolti wenigstens der Versuch unternommen wurde, Gestaltungselemente der traditionellen Architektur zu berücksichtigen (Abbildungen 23 – 26). Dieser Neubau besitzt im  Osten und Süden eine Veranda. Bauteile der alten Khanqa, wie die Eingangstür, wurden wieder eingebaut. Hingegen weist die mit finanziellen Mitteln aus Kuweit neugebaute Moschee von Goma Chazoon (Abbildungen 27 – 28) eine von mir nicht zu kommentierende äußere Gestaltung auf.

Abbildung 18: Die Kharkoo-Road kurz hinter Daghoni (Mai 2012)

Abbildung 19: Mendigh am rechten Ufer des Shayok. Mendigh ist in der rechten Bildhälfte zu sehen (Mai 2012)

Abbildung 20: Goma Chazoon am rechten Ufer des Shayok mit dem diese kleine Oase bewässernden Bergbach (Mai 2012)

Abbildung 21: Menschenauflauf bei unserer Ankunft in Mendigh. Links sieht man das Untergeschoss der neuen Khanqa-Gebetshalle (Mai 2012)

Abbildung 22: Mädchen in Mendigh beobachten die Ankunft der Fremden (Mai 2012)

Abbildung 23: Die Ost- und Nordseite der neuen Khanqa-Gebetshalle von Mendigh (Mai 2012)

Abbildung 24: Die Nord-- und Westseite der der neuen Khanqa-Gebetshalle von Mendigh (Mai 2012)

Abbildung 25: Die Veranda der Ostseite der neuen Khanqa-Gebetshalle von Mendigh (Mai 2012)

Abbildung 26: Innenraum der neuen Khanqa-Gebetshalle von Mendigh. Photo: Muhammad Kamal (Mai 2012)

Abbildung 27: Der von Kuweit finanzierte Neubau der Moschee von Goma Chazoon (Mai 2012)

Abbildung 28: Der Innenraum der neuen Moschee von Goma Chazoon. Photo: Muhammad Kamal (Mai 2012)

4. Literatur

Banat Gul Afridi: Baltistan in History. Peshawar 1988
Koshrow Behrouz: Shigar-Nāma. Eine persische Verschronik über die Geschichte Baltistans. Kritische Textausgabe, Kommentar und Übersetzung. Unveröffentlichtes Manuskript aus den neunziger Jahren des 20. Jahrhunderts
E. F. Knight: Where three Empires Meet. A Narrative of Recent Travel in Kashmir, Western Tibet, Gilgit, and the Adjoining Countries. London 1893
Dieter Schuh: Reise in die Geschichte Baltistans, 3 Bd. Andiast 2011
Godfrey Thomas Vigne: Travels in Kashmir, Ladakh, Iskardo. The Countries Adjoining the Mountain-Course of the Indus and the Himalaya North of the Punjab. Volume II, London 2005. Nachdruck der Ausgabe von 1842

Autor: Dieter Schuh (2012)

Für wissenschaftliche Zitationen benutzen Sie bitte nur die gedruckte Ausgabe/For scientific quotation please use the printed edition only.