Tibet-Encyclopaedia

 

Die Ekliptik, rot eingezeichnet, mit der Erde in der Mitte

Tibetische Winkelmaße

Tibetische Winkelmaße entstehen durch die Aufteilung des Großkreises, der durch die Projektion der scheinbaren Bahn der Sonne in Verlauf eines Jahres auf der Himmelskugel entsteht. Dieser wird Ekliptik genannt. Auf ihm bewegen sich vom Standpunkt der Erde aus gesehen bei geringfügigen Abweichungen in der sogenannten Breite, alle Planeten einschließlich des Mondes.

Die tibetische Astronomie beschäftigte sich insbesondere mit der Berechnung der Positionen - astronomisch Längen genannt - des Mondes, der Sonne und der Planeten Merkur, Venus, Mars, Jupiter und Saturn. Hierbei ist im geozentrischen Weltbild der Tibeter die Sonne ein Planet. Die Grundlage der Berechnung der Längen dieser Himmelkörper ist die Einteilung der Ekliptik in die Winkelmaße 12 Tierkreiszeichen (khyim) und 27 Mondhäuser (rgyu-skar).

 

Darstellung der Einteilung der Ekliptik auf einem tibetischen astronomischen Thangka (5. und 6. Kreis von außen)

 

Die tibetische Aufteilung der Ekliptik in 12 Tierkreiszeichen (rot) und 27 Mondhäuser (blau)Die erste hier zu erwähnende Aufteilung dieses Großkreises in Tibet ist die in 12 Tierkreiszeichen, die tibetisch als khyim bezeichnet wurden. Wie auf der Abbildung unten rechts rot dargestellt ist, trugen diese Tierkreiszeichen zwar Namen, aber für die astronomischen Berechnungen wurden sie mit den Zahlen 0 bis 11 gezählt und bezeichnet.

Das Gleiche gilt für die Einteilung der Ekliptik in die sogenannten 27 Mondhäuser bzw. Mondstationen, die tibetisch als rgyu-skar bezeichnet wurden und die, wie auf der Abbildung rechts in blauer Farbe dargestellt ist, von 0 bis 26 gezählt wurden.

Die Bogen- bzw. Winkelmaßeinheit rgyu -skar wurde in 60 chu-tshod „Bogenstunden“ unterteilt. Die chu-tshod wurden in 60 chu-srang „Bogenminuten“ unterteilt. Eine chu-srang bestand aus 6 dbugs „Bogenatemzug“, die wiederum in „Teile“ unterteilt wurden. Es wird deutlich, dass mit diesem System von Winkelmaßen die Länge eines Planeten sehr genau bestimmt werden konnte.


Der oben abgebildete Ausschnitt aus einem tibetischen astronomischen Thangka zeigt im 5. Kreis von außen die Mondhäuser 20 chu-smad, 21 gro-bzhin und 22 mon-gre, im dritten Kreis sind die Tierkreiszeichen 8 gzhu und 9 chu-srin eingezeichnet. Die Einteilung der Mondhäuser in chu-tshod ist mit den Zahlen 15, 30, 45 und 60 dargestellt.

 

Tabelle der Winkelmaße:

 

Voller Kreis:

 

12 khyim

 

360 Grad

 

27 rgyu skar

 

360 Grad

 

1. Unterteilung:

 

1 khyim

 

30 Grad

 

1 rgyu skar= 60 chu tshod

 

13 Grad und 20 Bogenminuten

 

2. Unterteilung:

 

 

 

 

 

1 chu tshod= 60 chu srang

 

13 Bogenminuten und 20 Bogensekunden

 

3. Unterteilung:

 

 

 

 

 

1 chu srang= 6 dbugs

 

13 + 1/3 Bogensekunden

 

4. Unterteilung:

 

 

 

 

 

dbugs

 

2 + 2/9 Bogensekunden

 

 

Literatur

Winfried Petri: Indo-tibetische Astronomie. Habilitationsschrift zur Erlangung der venia legendi für das Fach Geschichte der Naturwissenschaften an der Hohen Naturwissenschaftlichen Fakultät der Ludwig Maximilians Universität zu München. München 1966

Dieter Schuh: Untersuchungen zur Geschichte der Tibetischen Kalenderrechnung. Wiesbaden 1973

Autor: Dieter Schuh, 2010. Bildnachweis: Darstellung der Ekliptik nach Tau'olunga in  http://commons.wikimedia.org/wiki/File:Ecliptic_path.jpg?uselang=de